Frau Smutnys Paradeisersuppe

Im Haushalt meiner Großeltern gab es immer sehr patente Köchinnen, die Mittags die Mitarbeiter vom Schinkenmacherbetrieb, der angeschlossenen Fleischhauerei und dem Großmarktstand in der eigenen Küche verköstigt haben. Gekocht wurden stehts Klassisch bis Böhmisch-Wienerische Gerichte mit den besten Stücken, die die Fleischhauerei oder die Schinkenproduktion überließen. Gegessen wurde von den “Burschen” aus dem Betrieb, den Mitarbeitern des Geschäfts, der Kassierin Frau Zawadil, dem Chauffeur (liebevoll nur der “Schaffeer” gerufen), immer ein paar Enkelkindern (wie mich) und natürlich meiner sehr hungrigen Großmutter Berta, die zu Mittag schon einen sehr langen Arbeitstag am Großmarktstand der Alten Markthalle hinter sich hatte. Der Großvater war zur Mittagszeit immer schon auf Lepschi oder bei seiner Musik. Eine der Köchinnen hieß Frau Poldi, eine hagere, kleine Frau aus dem Burgenland. Heute weiß ich nicht mehr was tiefer lag, ihre dunklen Augen oder der im Nacken gebunden Haarkranz, jedenfalls immer großartige Innereienspeisen. Ganz im Gegensatz dazu Frau Erika, aus einer Gärtnerfamilie in Simmering, ein Teint wie Liselotte Pulver, ein Timbre wie die Marika Röck und den weissen Arbeitsmantel immer straff über den Riesenbrüsten gespannt. Ihre Buchteln mit Vanillesauce gewinnen ex aequo den ersten Preis der Germteig Olympiade gemeinsam mit der Germteig Uli (siehe hier am Blog alle Rezepte mit Germteig). Und dann, Frau Smutny, die rein optisch gesehen die kleine Schwester von Heinz Conrads gewesen sein könnte, gekocht hat sie aber besser als Peter Alexander gesungen hat. Besonders ihre Paradeisersuppe werde ich nie vergessen. Die gab es natürlich besonders oft im Sommer, zu einer Zeit als schöne, reife, g´schmackige Paradeiser – anders als heute – nicht leicht verfügbar waren.  Dazu, selbst gemachte, dünn geschnittene Nudeln. Ein einfacher Nudelteig wurde rasch verknetet, in der Speis zum Rasten neben die Schmalztöpfe gestellt, dann die breite Fensterbank bei geöffneten Fenstern mit Mehl bestaubt, darauf hauchdünn der Teig ausgewalkt, Nudeln in sehr dünne Streifen geschnitten und dort an der Sonne ein wenig zum Trocknen liegen gelassen. Die Paradiessuppe, die  beim Kochen wie das Magma eines Vulkans freundlich dahin geblubbert hat, wurde kurz vor dem Eingießen in die tiefen Suppenteller, die heute locker als Salatschüsseln durchgehen würden, mit direkt aus den Zitronenhälften gepressten Saft verfeinert und den gekochten Nudeln, plus den paar unvermeidlichen darin gelandeten Zitronenkernen, serviert.

Nicht, daß ich noch nie Paradeiser Suppe gemacht hätte, gerne auch so eine eiskalte, scharfe Gazpacho oder andere Paradeiser Gerichte wie der Tomaten-Saft, aber dann sind von einem Shooting so viele schöne rote, reife, süße Paradeiser übergeblieben, daß mir sofort die Frau Smutny eingefallen ist. Weisse Zwiebeln in Butter angeschwitzt, sehr viele Paradeiser und ein paar Gewürze dazu, mit Suppe aufgegossen und an dem sehr warmen Samstag langsam im Bikini bei offener Terrassentüre dahin geköchelt. Dann ist mir eine Yogastunde dazwischengekommen und den gekochten Topf einfach stehen lassen. Tags darauf, und ich muss sagen, das hat der Paradeisersuppe wirklich gut getan, hab ich alles durch die Flotte Lotte gedreht, nochmal aufkochen lassen, die Nudeln al dente gekocht, nicht vergessen, die Zitrone über der Suppe auszupressen und ich war wieder das Kind in der Küche meiner Großmutter, die Frau Smutny am Herd und alle mucksmäuschen still, denn es gab wieder Paradeisersuppe!

Zutaten (auf 4 Portionen heruntergerechnet) für die Suppe:

  • 1 weisse Zwiebel
  • 1 Stück Butter
  • 1 Lorbeerblatt
  • 2 EL Tomatenmark
  • 1 Kilo reife, rote, süße Paradeiser
  • 500 ml Suppe (oder 1/2 Suppenwürfel in heißen Wasser aufgelöst)
  • 4 Pfefferkörner, 3 Lorbeerblätter, Salz, Zucker
  • 1/2 Zitrone, ausgepresst

Zutaten Suppennudeln:

  • 100 Gramm Mehl (Mischung aus glatt, griffig)
  • 1 Ei
  • ein paar Tropfen Öl
  • Salz

Zubereitung:

Zwiebel würfelig schneiden, in Butter anschwitzen, geviertelte Paradeiser und Tomatenmark dazu, würzen und mit der Suppe eine halbe Stunde köcheln. Sofort oder besser später durch eine Flotte Lotte (Passiersieb) drehen, mit Zitronensaft, Salz und Zucker abschmecken und mit Nudeln* servieren.

Die Zutaten für Nudeln zu einer Kugel verkneten, zugedeckt 30 Minuten rasten, mit einem Nudelholz auf einer bemehlten Fläche zu einem dünnen Teig ausrollen, zuerst in Streifen und dann in dünne Nudeln schneiden und kurz antrocknen lassen. Länger getrocknete Nudeln sind kühl und trocken gelagert auch länger haltbar, kann ich aber nicht sagen wie lang, denn unsere werden immer sofort gleich aufgegessen.

 

 

Bärlauch, geht unter die Haut

Ist es also doch noch was mit dem Frühling geworden! Überzeugt hab ich mich davon am Wochenende bei Dauerlauf durch den Wienerwald, denn es gibt ein engagiertes Ziel, einen Lauf in einer für mich passablen Zeit zu rennen. Bis dahin gibt es Intervall-  und eben Dauerläufe. Meine Lieblingsstrecke führt über das Häuserl am Stoa (jetzt mit ganz viel Veilchen und Leberblümchen, wen´s interessiert), rüber zum Griaß di a Gott Wirt, runter nach Weidling. Mahh, ja, und da ist er auch,  der Bärlauch, wurde ja schon mehrfach auf Instagram zwischen Magnolienzweigen und anderen rosa Blüten der Influencer Feeds gesehen. Legt sich wie ein Flokati über den Waldboden, schaut ja gleich viel besser aus mit dem vielen Grün. Unten beim Weidlingbach parken die Bärlauchpflücker, schaffen Kistenweise den wilden Knofl aus dem Wald. Was haben die damit vor? Was könnt ich damit machen? Der Rokitansky hat ein Wiesen-Hendl vom Markt nach Hause gebracht, also kommt der Bärlauch heute einfach in das Huhn hinein und der zarte Knoblauchgeschmack in der Semmelfülle, kombiniert mit 2 Blättern unter der Haut schmeckt ganz wunderbar und ist auch schön anzusehen.

 

Zutaten

  • 1 Brathuhn (Wiesenhendl, Bio)
  • 2 altbackene Semmeln gewürfelt
  • 1 Ei, 100 ml Milch
  • 2 Hände voll frisch gepflückter Bärlauch
  • Öl, Butter

Zubereitung

Die Hälfte des Bärlauchs mit kochendem Wasser übergießen (aus dem Wasserkocher), würfeln, mit verquirltem Ei und Milch und den Semmelwürfeln für die Füllung mischen. Sauberes Huhn damit füllen und mit Zahnstocher verschließen. Unter die Haut der Brüste ein Stück Butter und je ein Blatt Bärlauch schieben. Bratform mit etwas Öl beträufeln, Huhn zuerst mit Brust nach unten, in der Hälfte der Bratzeit mit Brust nach oben im heißen Backofen bei 180 Grad ca. 1,5 Stunden braten, mit insgesamt 250 ml Wasser oder Hühnersuppe aufgießen.

Gebratenes Huhn auf restlichen Bärlauchblättern anrichten, kurz rasten lassen, das sammelt die Säfte im Huhn gut zusammen, tranchieren und servieren!